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Ausgleichsanspruch des Vertragshändlers

24. Aug 2017 Wirtschaftsrecht

Ein Ausgleichsanspruch eines Vertragshändlers nach § 89b FLGB analog kommt zumindest dann nicht in Betracht, wenn der Hersteller nach den vertraglichen Vereinbarungen verpflichtet ist, die ihm vom Vertragshändler überlassenen Kundendaten bei Beendigung des Vertrags zu sperren, ihre Nutzung einzustellen und auf Verlangen des Händlers zu löschen.Die klagende Gesellschaft, eine Kfz-Händlerin, hatte mit der Beklagten einen Vertragshändlervertrag sowie eine gesonderte Vereinbarung zur Überlassung von Kundendaten geschlossen, die durch die Beklagte außerordentlich fristlos gekündigt wurden. In dem Kundendatenüberlassungsvertrag war unter anderem geregelt, dass bei Beendigung der Teilnahme des Händlers an der Kundenbetreuung die Beklagte die vom Händler überlassenen Daten sperren, ihre Nutzung einstellen und auf Verlangen des Händlers löschen wird, sofern nicht zwischen den Parteien ein Kaufvertrag über die Daten zu Stande kommt. Nunmehr begehrt die klagende Gesellschaft eine Ausgleichszahlung analog § 89b HGB.

Dem Vertragshändler steht ein Ausgleichsanspruch in entsprechender Anwendung des § 89b HGB nur zu, wenn zwischen ihm und einem Hersteller ein Rechtsverhältnis besteht, das über eine bloße Verkäufer-Käufer-Beziehung hinausgeht. Der Vertragshändler muss auf Grund besonderer vertraglicher Abmachungen so in die Absatzorganisation des Herstellers eingegliedert sein, dass er wirtschaftlich in weitem Umfang Aufgaben zu erfüllen hat, die sonst einem Handelsvertreter zukommen. Der Vertragshändler muss ferner verpflichtet sein, dem Hersteller seinen Kundenstamm zu übertragen, so dass sich dieser bei Vertragsende die Vorteile des Kundenstamms sofort und ohne Weiteres nutzbar machen kann. Vorliegend fehlt es an der für eine entsprechende Anwendung des § 89b HGB erforderlichen Voraussetzung der Überlassung des Kundenstamms. Zwar hat die klagende Gesellschaft Neufahrzeuge bei der Beklagten unter Eigentumsvorbehalt gekauft und die gegen die Kunden bestehenden Kaufpreisforderungen im Wege einer globalen Vorausabtretung zur Sicherheit an die Beklagte abgetreten. Hierdurch wurde aber keine sofortige Verpflichtung zur Herausgabe der Kundendaten begründet. Auch ist die Verpflichtung des Vertragshänd¬lers, dem Hersteller im Sicherungsfall nach § 402 BGB die zur Geltendmachung der Forderung gegenüber dem Kunden nötige Auskunft zu erteilen, der Verpflichtung zur Überlassung der Kundendaten im Sinne von § 89b HGB gleichzustellen, da der Hersteller hierdurch keine umfassende Kenntnis des Kundenstamms erhält. Auch besteht auf Grund des Vertragshändlerverhältnisses zumindest dann keine Verpflichtung zur Überlassung des Kundenstamms, wenn, wie hier, der Hersteller nach den vertraglichen Vereinbarungen verpflichtet ist, die ihm vom Vertragshändler überlassenen Kundendaten bei Beendigung des Vertrags zu sperren, ihre Nutzung einzustellen und auf Verlangen des Händlers zu löschen.

Praxishinweis: Die Entscheidung zeigt, mit welcher Gestaltung eines Kundendatenüberlassungsvertrags ein Ausgleichsanspruch des Vertragshändlers nach § 89b HGB analog ausgeschlossen werden kann. Insbesondere in Fällen, in denen die Weitemutzung der Kundendaten durch den Hersteller nicht zwingend erforderlich ist, weist die Entscheidung einen in der Praxis leicht umzu¬setzenden Weg.

BGH, Urteil vom 5.2.2015 – VII ZR 315/13 = BeckRS 2015, 03450

Quelle: NJW-Spezial 8/2015

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