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Die Schlacht der Giganten

21. Feb 2022 News

NZP Austrian Law Watch – Februar 2022

#Austrian Law Watch #brandnew

Seit Anfang Jänner haben wir einen neuen Kollegen als „Österreich Experte” mit am Board. Dementsprechend erweitern wir die Palette unserer Blogbeiträge: das NZP-Team meldet sich monatlich mit unserem #brandnew #Austrian Law Watch. Wir halten Sie updated mit den neuesten Gesetzen und Judikaturentscheidungen der Alpenrepublik. In unserem ersten Artikel geht es um die Schlacht der Giganten: Facebook gegen Handelsgericht.

1) Vorgeschichte

Der Anlaßfall war der Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung einer österreichischen Politikerin, die im sozialen Netzwerk unter anderem als „miese Volksverräterin” und „korrupter Trampel” bezeichnet wurde. Sie hat beim Handelsgericht Wien (HG Wien) beantragt, dass Facebook zur weltweiten Löschung dieser Hass-Postings sowie sinngleicher Äußerungen verpflichtet wird. Das Gericht gab dem Antrag statt, allerdings kam Facebook diesem nur für Österreich nach.

2) Verfahrensgang

Im Instanzenzug landete die Rechtssache vor dem Obersten Gerichtshof (OGH). Dieser hatte Zweifel darüber, wie die Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr auszulegen ist. Die Richtlinie besagt, dass sogenannte Host-Provider, wie die Betreiber von sozialen Netzwerken, grundsätzlich nicht für die von User hochgeladene Informationen verantwortlich sind – solange sie auf deren Rechtswidrigkeit nicht hingewiesen werden. Es können Plattformanbietern keine generelle Pflicht zur Überwachung rechtswidriger Kontents auferlegt werden.

Das Höchstgericht setzte das Verfahren aus und legte dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) die Frage zur Vorabentscheidung vor, ob die Richtlinie einer Verpflichtung eines Host-Providers entgegensteht, mit den ursprüglichen Postings wortgleichen und sinngleichen Informationen weltweit zu löschen. Der EuGH entschied, dass die Verfügung eines nationalen Gerichts, die eine weltweite Löschung – auch von sinngleichen Postings – vorsieht mit dem Unionsrecht vereinbar ist. Aufgrund dieser Entscheidung setzte der OGH das Verfahren fort und bestätigte die ursprüngliche Entscheidung des HG Wien.

3) Exkurs: was ist ein Host-Provider, warum ist diese Eigenschaft für die Haftung relevant?

Host-Provider sind in der Regel Plattformen, die Hochladen eigener Inhalte ermöglichen. Sie stellen Speicherplatz für fremde Inhalte zur Verfügung, die Informationen werden jedoch nicht bloß weitergeleitet. Host-Provider sind Haftungsprivilegiert, sie haften in der Regel nur dann, wenn sie tatsächlich Kenntnis von Rechtsverletzungen haben, oder wenn nicht unverzüglich nach Bekanntwerden die rechtswidrigen Inhalte entfernt werden.

4) Zusammenfassung

Demgemäß muss Facebook den als Titelbild eingestellten Banner für sechs Monate für seine Nutzerinnen und Nutzer ersichtlich machen. Der Klägerin ist außerdem ein Schadenersatz in Höhe von 4.000 Euro zugesprochen worden. Darüber hinaus müssen die Daten der Person hinter dem Account herausgegeben werden.

Die Entscheidung bietet natürlich kein Patentrezept für alle mit online Hass-Postings verbundenen Rechtsproblemen. Sie kann aber als ein Meilenstein eingestuft werden, die endlich ein Mittel in die Hände der Betroffenen gibt.

Haben Sie Fragen bezüglich des österreichischen Rechts? Zögern Sie nicht uns zu kontaktieren!

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