
Fortsetzung des Raserprozesses: Anklage zur Fahrlässigen Tötung trotz Nichtbeteiligung an einer Kollision?
Ablauf der Tat
Nach einer spontanen Verabredung der zwei Angeklagten zu einem verbotenen Kraftfahrzeugrennen auf der B 229 in der Nähe von Arnsberg kam es zu einer Kollision mit einem nicht am Rennen beteiligten Fahrzeug. In diesem befanden sich insgesamt fünf Insassen, wobei eine Mitfahrerin zu Tode kam und alle weiteren teilweise schwer verletzt wurden.
Erste Entscheidung des Landgerichts
In seiner ersten Entscheidung hatte das Landgericht Arnsberg den Angeklagten H., der Fahrer des kollidierenden Wagens, aufgrund verbotenen Kfz-Rennens mit Todesfolge in Tateinheit mit vorsätzlicher Gefährdung des Straßenverkehrs zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten verurteilt. Daneben wurde der Angeklagte P., der am Rennen beteiligte Fahrer des nichtkollidierenden Fahrzeuges, lediglich zu einer zur Bewährung ausgesetzten Freiheitsstrafe von neun Monaten, wegen verbotenen Kraftfahrzeugrennens, verurteilt.
Verfahren vor dem BGH
Infolge der Revision der Staatsanwaltschaft ging das Verfahren vor den BGH, wobei der Schuldspruch gegen den Angeklagten P. um den Vorwurf der fahrlässigen Tötung sowie der fahrlässigen Körperverletzung in vier Fällen ergänzt und der Strafausspruch aufgehoben wurde.
Im Rahmen dieses Verfahrens wurde dem BGH die Gelegenheit gegeben, grundsätzliche Fragen, bezüglich des neu im Strafgesetzbuch eingefügtem § 315d StGB, zu klären. Insbesondere die Definition des „Rennens“ sowie die Frage der Zurechnung konkret eingetretener Gefahren, die unmittelbar von anderen Rennteilnehmern verursacht wurden, mussten klargestellt werden. Grundsätzlich wurde festgestellt, dass § 315d Abs.2 ein eigenständiges Delikt ist. Das bedeutet, dass ein Teilnehmer eines verbotenen Kraftfahrzeugrennens im Sinne des § 315d Abs. 1, den Qualifikationstatbestand des Abs. 2 nur dann erfüllt, wenn er eigenständig durch sein Fahrverhalten während des Rennens eine konkrete Gefahr für eines der aufgezählten Individualrechtsgüter verursacht. Zusätzlich müsse zwischen seinem Verursachungsbeitrag und dem Gefährdungserfolg ein innerer Zusammenhang bestehen. Daneben kommt eine mittäterschaftliche Zurechnung des Rennverhaltens der anderen Teilnehmer und die sich bloß daraus ergebenden konkreten Gefahren nicht in Betracht. Eine Nebentäterschaft sei jedoch möglich, wenn derselbe Gefährdungserfolg von den Teilnehmern gemeinsam ausgelöst wurde. Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass sich die Rennteilnehmer in derselben Rennsituation befinden und dass zwischen den jeweiligen Mitverursachungsbeiträgen ein enger zeitlicher und örtlicher Zusammenhang besteht.
Entscheidung des BGH
Im konkreten Fall hat der BGH entscheiden, dass der Angeklagte P. den Totschlag sowie die Körperverletzung fahrlässig selbst mitverwirklicht hat. Er habe die konkrete Gefährdung von Leib und Leben der Insassen des entgegenkommenden Fahrzeuges mitverursacht, indem er den konkret gefährdenden Überholvorgang seines Rennteilnehmers mitbestimmt hat. Irrelevant sei hierbei, dass er selbst seine Fahrspur einhielt und somit nicht mit dem Wagen der Geschädigten kollidierte und dass er damit seinerseits nicht gegen weitere Pflichten, die sich aus deiner Eigenschaft als überholten Kraftfahrzeugführers ergeben, verstoßen hat.